Die 8ème war auch in Russland

Endlich konnte die Frage,  ob die 8ème de Ligne tatsächlich in Russland war, sicher mit „Ja“ beantwortet werden. Aber nun der Reihe nach. 

Andreas Fischer, der uns schon mit unheimlich vielen Bildern aus russischen Museen versorgt hat, hat unter anderem ein Bild eines Tschakoblechs der 8ème aus dem Museum in Malojaroslawez zur Verfügung gestellt. 

Tschakoblech der 8ème de Ligne aus dem Museum in Malojaroslawez.

Ein weiteres  Bild über dieses Tschakoblechs und dem  dazugehörigen Tschako hat uns freundlicherweise Günter Franke, welches er im Internet gesehen hat,  übermittelt.

Zu sehen auf diesem Bild ist der Tschako eines französischen Offiziers der 8ème de Ligne im Museum von Malojaroslawez.

 Somit ein eindeutiger Beweis, dass die 8ème de Ligne im Einsatz auch in Russland war.  Ein russischer Künstler (leider können wir den Maler aufgrund der nicht vorhandenen russischen Sprachkenntnisse  nennen)  hat den Einsatz der 8ème sogar bildlich festgehalten. 

Auszug aus dem Gemälde des russischen Künstlers. Hier ist eindeutig die „8“ auf dem Tschakoblech des französischen Grenadiers der 8ème de Ligne zu sehen. Das vollständige Bild ist am Anfang des Artikels zu sehen. Es stellt die Verteidigung des Ortes Malojaroslawez durch die Franzosen der Division Delzons am 24. Oktober 1812 dar. General Delzons ist bei einem Gegenangriff in der Schlacht später gefallen. Die Schlacht endete mit einem „Patt“. Die Grande Armée befand sich hier schon auf dem Rückzug aus Moskau. Die französischen Verluste beliefen sich auf etwa 6.000 bis 8.000 Mann, während die Russen etwa 8.000 Mann an Toten und Verwundeten verloren. Diese Schlacht sollte für die Grande Armée schwere Folgen haben, denn der Weg war nach Süden versperrt. Napoleon befand sich nun auf den Rückzug nach Norden über Moschaisk und Smolensk, die Route seines Vormarsches, die er eigentlich vermeiden wollte.

Allerdings war die bisherige Zuordnung zu welchem Truppenteil die 8ème nun gehörte, immer noch nicht bekannt.  Da kam uns der Zufall zu Hilfe.  Jens Kalle hatte vor Kurzem aus Russland das Buch „The Great Retreat: Napoleon´s Grande Armée in Russia, The Contingents and the Artefacts“ von Alexander Korolev erworben. Ein schwer erhältliches Buch. Allerdings in russischer Sprache.  Der Autor befasst sich hier  ausführlich mit der Grande Armée und deren Gegenständen, die im Feldzug von 1812 damals verloren gingen.     

Auf einer Seite des Buches zeigte Jens mir abgebildete Knöpfe der 8ème. 

Knöpfe der 8ème. Nach Angaben des Autors Alexander Korolev wurde diese im Raum von Smolensk in Weißrussland gefunden.

Das war nun der zweite eindeutige Beweis, dass die 8ème  in Russland war.  In dem bereits erwähntem Buch von Alexander Korolev war auch eine Beschreibung zu den Fundstücken vorhanden, die ich nun leider nicht entziffern konnte.  Da fiel mir Andreas Fischer ein und ich bat ihn, mir den Text freundlicherweise zu übersetzen, was er dann auch gleich gemacht hatte. Folgende Beschreibung konnte ich nun entnehmen: 

8. Linieninfanterieregiment

MOTTO DES REGIMENTS: TOUJOURS EN AVANT!

Der Hauptteil des Regiments kämpfte 1812 im Süden Spaniens, mit Ausnahme des 4. Bataillons (ab 15. August 1812 – 17 Offiziere und 698 niedrigere Ränge), die in der 7. temporären Halbbrigade enthalten waren.

1. Brigade der 30. Infanteriedivision des 11. Armeekorps

Dieses Regiment wurde aus den Bewohnern des französischen Departements Diel gebildet und zeichnete sich durch unglaubliche Widerstandsfähigkeit und Mut unter feindlichem Feuer aus.

Die Knöpfe dieses Regiments wurden gefunden auf dem Territorium Weißrusslands, in der Nähe von Smolensk. Wir wissen aus den Dienstplänen der Einheit, dass das 1. Marschbataillon des 2. Armeekorps 1 Offizier und 110 untere Ränge des 8. Regiments der Linieninfanterie umfasste, die die Grenze des Russischen Reiches überquerten.

Das war der Durchbruch. Endlich konnte ich nun entsprechende Nachforschungen anstellen. Allerdings konnte ich bis auf den Kampfeinsatz in Malojaroslawez keine weiteren Beteiligungen an Gefechten entdecken. Auch die Versetzung der Überlebenden ( 1 Offizier und 110 Mann) des Bataillons zum 2. Armeekorps unter Marschall Oudinot kann leider nicht bestätigt werden.

Bevor ich aber weitere Angaben machen kann, muss auf die Aufstellung der Grande Armée beim Einmarsch nach Russland 1812 eingegangen werden. Dafür erschien mir die Beschreibung aus Wikipedia sehr geeignet:  

Nach den Bestandslisten war die Feldarmee, mit der Kaiser Napoleon am 24. Juni 1812 die russische Grenze überschritt, etwas mehr als 420.000 Mann stark. Sie bestand aus dem Großen Hauptquartier, dem 1. bis 8. und dem 10. Armeekorps (mit preußischen Hilfskorps), der Kavalleriereserve (mit etwas über 40.000 Reitern) mit dem 1. bis 4. Kavalleriekorps und der Kaiserlichen Garde (in der Stärke eines Armeekorps). Zusammen mit dem 12. Armeekorps (mit österreichischen Hilfskorps) von 30.000 Mann und den dazugehörigen „großen Parks“, den großen Armee-Fuhrparks der Artillerie, des Trains (dem Nachschubwesen) und der Genie-Truppen (Pioniere), mit all den dazugehörigen Unterstützungstruppen über 22.000 Mann, umfasste die Armee der ersten Linie etwa 475.000 Mann und fast 200.000 Pferde.

Hinter dieser Armee folgten weitere Unterstützungs- und Nachschubtruppen, zu denen ein Belagerungspark (vorgesehen für Riga) und weitere Brückentrains gehörten. Außerdem zählten zu diesen Truppen die Intendanturen, die Feldjustiz, die Feldpostämter, die Gendarmerie und diverse Handwerkerkompanien sowie die in Litauen neu angeworbenen Truppen (in erster Linie Deserteure der russischen Armee). Zusammen zählten diese Truppen etwa 35.000 bis 40.000 Mann. Dahinter folgten im Verlauf der nächsten Wochen die Truppen der zweiten und dritten Linie: das 9. und das 11. Armeekorps, diese waren – zusammen mit gleichzeitig nachrückenden Ersatztruppen aus der Heimat – etwa 95.000 bis 100.000 Mann stark. Ihre Hauptaufgabe war es, die langen Nachschubwege für die vorderen Truppen zu sichern und neue Magazine in den besetzten Gebieten anzulegen und diese gegen mögliche Angriffe zu schützen. Dies ergibt zusammen eine Armee von insgesamt mehr als 610.000 Mann. In dieser Zahl sind die übrigen rückwärtigen Truppen und die Festungsbesatzungen in Norddeutschland, Preußen, Danzig und in Warschau (ungefähr 70.000 Mann) nicht mit enthalten. Davon abweichende Zahlen, die sich in der Literatur finden, erklären sich meist daraus, dass in manchen Kurzdarstellungen des Feldzuges die umfangreichen Hilfs- und Versorgungstruppen ganz oder teilweise mit Stillschweigen übergangen werden oder ohne weitere Zahlenangaben in einem Nebensatz bloß angedeutet werden. Quelle Wikipedia

Das XI. Armeekorps war dem Marschall Pierre Augereau unterstellt und gehörte somit zur Reserve der Grande Armée. 

Im Laufe des Spätsommers  und Herbstes rückte das Korps nach Russland.  Ein einfacher Überblick über diese nachrückenden Einheiten, die in getrennten Marschkolonnen nach Russland abmarschierten, ist schwierig, da sie dort nicht immer in den Verband zurückkehrten, zu dem sie nach der „ordre de bataille“ vom Juni 1812 eigentlich gehörten, sondern in Litauen oder Weißrussland oft bataillonsweise zur Sicherung der Nachschubstraßen und Zwischenmagazine als Garnison von Städten eingesetzt worden sind. Nach ihrem Abmarsch nach Russland wurden sie in der Regel durch Ersatzformationen aus der Heimat abgelöst. 

Anhand der Fundstücke vom 4. Bataillon der 8ème de Ligne lässt sich aber nun nachweisen, das Teile des Korps nach Smolensk, ja sogar bis nach Malojaroslawez vorgerückt sein müssen.  Von dort sind es nur noch 127 km bis nach Moskau.

Für das 4. Bataillon erfolgte der Rückzug über Wilna, Kowno, Tilsit und endete am 14. Februar 1813 in Danzig. Dort begann für die Überlebenden der Truppe eine elfmonatige Belagerung durch russische Truppen.

Für den November 1812 gibt es  eine nominelle Aufstellung des XI. Armeekorps. Das 4. Bataillon der 8ème de Ligne war dort Bestandteil der 7. Provisorischen Brigade der 30 .Infanteriedivision unter General Heudelet.

Nach dem verheerenden Russlandfeldzug  wurde das XI. Armeekorps  im Frühjahr 1813 wurde neu organisiert und unter das Kommando von Marschall Jacques MacDonald gestellt . Das Korps kämpfte 1813 in Lützen , Bautzen , an der Katzbach , Leipzig und Hanau . Immer noch unter MacDonald kämpfte das Korps 1814 in Bar-sur-Aube und an mehreren kleineren Gefechten.

Damit ist für uns nun ein wichtiger Teil zur Geschichte der 8ème de Ligne geklärt. 

Unseren besonderen Dank gilt Andreas Fischer und Jens Kalle. Ohne sie wäre die Aufklärung über den Verbleib der 8ème in Russland nicht möglich gewesen.

Zurück zur Startseite

8ème Régiment de Ligne – Toujours en avant! (Immer vorwärts!)