Die Struktur der Grande Armée von 1804 –1815 – Die Artillerie

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Die Artillerie der Grande Armée war die „gelehrte“ Waffengattung. So primitiv uns auch heute das Material dieser Waffe und der Weg, wie es eingesetzt wurde, erscheinen mag, brauchte es hochqualifizierte Bedienungen und was an Theorie fehlte, mußte durch lange praktische Erfahrungen ersetzt werden. Niemand konnte nur durch das Studium von Büchern ein guter Artillerist werden, zusätzlich war es nötig, viele viele Male ein Geschütz zu bewegen, zu zielen und abzufeuern, um auch nur ansatzweise die relative Ineffizienz des Materials zu meistern.

Doch kein anderer wie Napoleon, der ja aus der Artillerie gekommen ist, verstand es, diese Waffengattung  meisterlich einzusetzen. Er drückte seine Vorliebe für diese Waffe bei jeder Gelegenheit aus. In seinen verschiedenen Notizen und in der Korrespondenz heißt es unter anderem:

Ein Kanonier der Fußartillerie„Will man eine Entscheidung erzwingen, muß die Artillerie zusammengefaßt werden, genau wie jede andere Waffengattung“.

Die Artillerie der Grande Armée war eine gefürchtete Waffe. Nicht selten schoß sie durch ihr präzises Feuer große Lücken in den Reihen des Gegners und löste manchmal regelrechte Paniken aus. Die Art wie die Franzosen ihre Artillerie einsetzen, war ungemein verwegen. Die Batterien wurden nämlich nicht statisch eingesetzt, sondern rückten schrittweise nach vorne, um möglichst nahe an den Gegner heranzukommen. Häufig wurden auch mehrere Batterien zusammengefaßt um den Angriff von Infanterie- oder Kavallerieeinheiten vorzubereiten.

Für den Einsatz der Feldartillerie wurden nach dem Geschützsystem von Gribeauval 4-, 8- und 12-Pfünder verwendet sowie 6-Zoll-Haubitzen und 6-pfündige Mörser. Die Geschützarten wurden somit nach dem Gewicht des Geschosses unterteilt. Haubitzen wurden hingegen nicht nach dem Gewicht, sondern nach dem Kaliber benannt. Mörser und vergleichbare Geschütze mit kurzem Rohr und größerem Durchmesser wurden für Belagerungen eingesetzt.

Das am häufigsten eingesetzte Geschoss war die massive Eisenkugel, die sogenannte Vollkugel. Sie wurde gegen aufmarschierte Infanteriekolonnen und zur Bekämpfung von Hindernissen. verwendet, vor allem dann, wenn der Boden trocken und fest war, so daß das Geschoss immer wieder davon abprallte (Rollschuß). Daneben wurden von der Artillerie Büchsenkartätschen verschossen. Diese Kartätschen bestanden aus Blechbüchsen, die gefüllt mit kleinen, eisernen Kugeln gefüllt waren.

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Nach dem Abschuß zerplatzte diese Kartätsche, was einen tödlichen Kugelhagel auslöste. Diese Geschosse waren eine ideale Abwehr gegen massierte Infanterie und anreitende Kavallerie. Darüber hinaus wurden von der Artillerie auch Granaten eingesetzt. Granaten waren eiserne Hohlgeschosse, die mit Schwarzpulver gefüllt waren und am Ziel durch einen Zünder zum Detonieren gebracht wurden.

Fußartillerie der Kaisergarde in Stellung

Die Kanonen wurden gewöhnlich paarweise eingesetzt und feuerten abwechselnd. Zum Schutz gegen Kavallerieangriffen wurden die Haubitzen auf beiden Seiten der Batterie aufgestellt und mit Kartätschen geladen, um den Feind wirksam zu beschießen, falls er zu nahe kam.

Batterien wurden den jeweiligen Infanterie- oder Kavalleriedivisionen zugeteilt, wobei ein Armeekorps noch seinen eigenen Reservepark hatte. Die einzelnen Batterien wurden in der Grande Armée regelmäßig in großen Batterien zusammengefaßt, da man hoffte, daß das Ergebnis ihrer Feuerkraft in kritischen Momenten entscheidend war.

  1. Organisation
  • Die Regiments-Artillerie
    In den Jahren 1809-1812 wurde die Regimentsartillerie, nachdem sie 1803 abgeschafft worden war, wieder eingesetzt. Jedes Infanterieregiment erhielt zwei Geschütze. Es waren 3- und 5-Pfünder und stammten aus den österreichischen Beutebeständen aus dem Feldzug von 1809.  Mit diesen Kanonen sollte die Feuerkraft eines Regiments erhöht werden. Die Kanoniere nahm aus den Regimentern, dem sie zugeordnet wurden. Für Offiziere und Soldaten galt es als hohe Ehre in dieser Artillerie zu dienen. Nach dem verhängnisvollen Rußlandfeldzug 1812 wurde diese nicht mehr wieder aufgestellt. Lediglich in einigen Depots, z.B. in Deutschland, gab es noch bis 1813 noch vereinzelt welche.   

Regimentsartillerie 1809
Regimentsartillerie und Train der Leichten Infanterie 1811-1813

 

 

  • Die Batterie

    Unter dem Wort Batterie versteht man eine gewisse Anzahl von in Stellung gegangenen Kanonen. Die Batterie war die Grundlage für Bewegungen. In der Grande Armée wurde sie Kompanie genannt und wurde schlichtweg als Feldeinheit eingesetzt. war. Bis 1814 bestand die Artillerie aus 328 Kompanien. 252 von ihnen bildeten 9 Regimenter zu Fuß (mit 28 Kompanien pro Regiment), 48 Kompanien bildeten sechs Kavallerie-Regimenter und 28 waren Bestand der Kaiserlichen Garde. Die Fußartillerie bestand in der Regel aus 6 Kanonen und zwei Haubitzen, während die berittene Kompanie mit 4 Kanonen und 2 Haubitzen bestückt war. Je nach Kaliber wurden 8 bis 15 Mann für ein Geschütz benötigt. Häufig wurden Infanteristen eingesetzt, welche die Kanone in die richtige Position wuchteten, Munition vom Munitionswagen heranbrachten und sogar als Ersatz für gefallene Artilleristen einsprangen. Diese Infanteristen wurde von den Grenadieren gestellt, weil für diese Aufgabe kräftige Männer gebraucht wurden. Batterien wurden den jeweiligen Infanterie- oder Kavalleriedivisionen zugeteilt, wobei ein Armeekorps noch seinen eigenen Reservepark hatte. Batterien wurden in der Grande Armée regelmäßig in großen Batterien zusammengefaßt, da man hoffte, daß das Ergebnis ihrer Feuerkraft in kritischen Momenten entscheidend ist. Eine kleine Anmerkung: Bei der untenstehenden Abbildung wurde der französische Munitionswagen nicht richtig dargestellt. Die hinteren Räder waren tatsächlich viel größer. Dies kann man deutlich anhand der nachfolgenden Abbildung gut erkennen.

Munitionswagen nach dem Gribeauval-System

 

  • Das Artillerie-Bataillon
    Es bestand nur zu administrativen Zwecken, ohne Bedeutung auf dem Schlachtfeld. Es konnte aus zwei oder mehren Kompanien bestehen.
  • Das Artillerie-Regiment
    Dies war ebenfalls nur eine Einheit mit administrativen Zwecken und bestand aus mehreren Bataillonen.

2. Verschiedene Arten der Artillerie

  • Die Fußartillerie
    Der Name wird von der Tatsache abgeleitet, daß sich die Artilleristen zu Fuß bewegen, die Kanone wird von Zugpferden gezogen. In der Fußartillerie konnten alle Kaliber der Zeit vorkommen. Zwölf-Pfünder wurden als schwere Artillerie bezeichnet, alle anderen Kaliber als leichte Artillerie.

 

  • Die berittene Artillerie
    Auch als reitende Artillerie bezeichnet, waren bei ihr die Artilleristen beritten. Sie benutze leichtere Kaliber. Ihr großer Vorteil war ihre große Beweglichkeit, da sie die Position in der sie benötigt wurde, schnell erreichen konnte. Berittene Batterien wurden nur den Kavallerie-Divisionen zugeteilt.

Die Garde
Wie bei der Infanterie und Kavallerie, wurde auch eine Gardeartillerie in der Grande Armée   aufgestellt. Sie bestand aus der Fuß- und berittenen Artillerie. Auch sie bestand aus der Elite dieser Waffengattung. Generell wurde sie auch mit besserem  Material versehen.

Fussartillerie der Garde
Die reitende Artillerie der Alten Garde zu Waterloo 1815. Ihr Kommandant war General de Division Baron Desvaux de Saint-Maurice. Sie bestand aus 6 Geschützen. Zu jedem Geschütz gehörten 6 Munitionswagen, dazu Bagagewagen und eine Feldschmiede.

3. Die Formationen der Artillerie

  1. General de Divison DrouotAls Batterie
    Die Artillerie hatte eine einzige Formation im Gefecht, nämlich alle Kanonen in einer Linie aufgestellt, mit der Front zum Ziel.
  2. Bewegungen
    Um die Artillerie zu bewegen wurde sie die mit Zugpferden bespannten Protzen angehangen. Für kleine Positionswechsel konnten die Kanonen mittels Seilen auch direkt durch die Bedienung oder ansässige Infanterie bewegt werden.
  3. Artillerietrain
    Man kann keine Artillerie beschreiben, ohne deren Versorgung mit Munition zu erwähnen. In der Praxis führten die Kanonen nur wenig Munition mit sich und während einer Schlacht war eine regelmäßige Versorgung mit Munition absolut notwendig. Aus erklärlichen Gründen durften die Munitionswagen nicht weit von den Geschützen entfernt sein und wenn man von der Artillerie auf dem Schlachtfeld spricht, müssen auch immer die Munitionswagen (bitte Abbildungen beachten) mit einbezogen werden. Jede Kanone wird durch einen eigenen oder mehr Munitionswagen versorgt. Je nach Kaliber konnte in einem Munitionswagen 48 und 100 Kugelkartuschen und 20 bis 50 Kartätschen geladen werden. Wenn dieser leer ist, kehrt er in den Artilleriepark zurück und wird durch einen anderen Wagen ersetzt. Dies setzt sich bis zum Ende der Schlacht oder dem Ausgehen der Munition fort, was oft genug passiert. Um sich mal vorzustellen, welch riesige Anzahl von Kanonenkugeln in einer Schlacht verwendet wurde, sei hier als Beispiel die Schlacht bei Wagram 1809 genannt, in der allein die Französische Artillerie 96.000 Kugeln verschoss!
 
 
Zum Abschluss möchten wir Ihnen anhand einer nachgestellten Szene den Abschuß einer 8-Pfünder-Kanone zeigen:
 
 
 
                                   
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Quellen:
Grundsätzliche Organisation der Armeen – Laurent Deneu
Die Armee Napoleons – H.C.B. Rogers
La Grande Armée – Die Geschichte der Armee Napoleons
– Miguel Ángel Martín Más

 

8ème Régiment de Ligne – Toujours en avant! (Immer vorwärts!)